Rund 220 Mitglieder und Gäste der Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock e.V. kamen am Freitagabend zum Empfang in das Rathaus der Universitäts- und Hansestadt. Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen begrüßte die Kaufleute und bedankte sich für ihr gemeinnütziges Engagement. „Ohne Ehrenamt ist eine Stadt nichts.“ Obwohl das traditionelle Köstemahl im vergangenen Jahr coronabedingt abgesagt werden musste, habe der Verein dem Rostocker Frauenhaus ein Fahrzeug spendiert. Madsen betonte, dass man gemeinsam eine schwere Zeit durchgestanden habe. Niemals habe er sich träumen lassen, dass er Kitas, Schulen und Geschäfte habe schließen sowie die 30. Hansesail und zahlreiche Sport- und Kulturveranstaltungen absagen müssen. Jetzt sei einiges aufzuholen. Endlich komme auch „der Smoking wieder zum Einsatz“.
Alexander Gatzka, Öllermann der Jahresköste und Geschäftsführer der Projektmanagement Rostock GmbH, begrüßte im Vienna Hotel „Sonne“ die Teilnehmer der Spendengala zünftig mit einem aus dem Jahr 1684 stammenden plattdeutschen Lauterspruch. Es gab Ochsenschwanzsuppe, mecklenburgischen Rippenbraten, rote Grütze und Käse sowie zwischen den Gängen unterhaltsame und anregende Redebeiträge. Blumen und ein Dankeschön gingen an Prof. Dr. Ingo Richter, der am Freitag seinen 85. Geburtstag feierte und auch in diesem Jahr ein Köstebuch herausbrachte.
Mit besonderem Interesse war die Rede zur Wirtschaftssituation der Stadt durch den 1. Schenken Klaus-Jürgen Strupp, Unternehmer und Präsident der IHK zu Rostock erwartet worden, auf die der Oberbürgermeister erwidern darf. Unternehmer Strupp würdigte die Rolle des Oberbürgermeisters als grandiosen „Außenminister“, der Rostock in Deutschland bekannt gemacht habe. Er wies aber auch auf zahlreiche ungelöste Probleme hin, darunter ein gravierender Mangel an Wohnungen und Flächen für Häuslebauer, langsame Verwaltungsentscheidungen, ein weiter verzögerter Theaterneubau und eine fehlende Gesamtstrategie für die Universitäts- und Hansestadt. Radfahrwege seien zwar wichtig, aber es gelte maßzuhalten und alle Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. „Mit Lastenräder lassen sich keine Möbel transportieren“. Ideen wie Radfahrspuren auf Straßen, Tempo 30 durch die Stadt und eine prekäre Parkraumsituation trügen dazu bei, Gewerbetreibende und Steuerzahler aus der Innenstadt zu vertreiben. Im Namen der Kaufleute bot er Zusammenarbeit an.
In der Replik warb der Oberbürgermeister um Verständnis. Die Ungeduld könne er nachempfinden, aber eine Verwaltung sei kein Unternehmen. „Mit Faxgeräten und den Werkzeugen von gestern schaffen wir den Wandel nicht. Kommunen müssen auch investieren und Schulden machen können“, betonte Madsen und forderte Unterstützung von Bund und Land. Erneut warb er für seine Verkehrsvisionen und den Ausbau des ÖPNV mit dem Ziel einer CO2-neutralen Stadt. Der OB erklärte, dass in Rostock zahlreiche neue Großprojekte vorangetrieben werden wie die Hochschule für Zoll, das Zentrum für maritime Unterwasserforschung und der Ausbau des Südstadtklinikums.
Die Festrede des Abends hielt ein Hamburger, der seit 30 Jahren auch in Rostock geschäftlich aktiv ist: der Reeder Nikolaus Walter Schües (85). Gemeinsam mit dem Hamburger Kaufmann Horst Rahe hatte er 1993 die Deutsche Seereederei von der Treuhandgesellschaft erworben. Mit dem Kauf wurde der Aufbau neuer, erfolgreicher Unternehmen in der Hansestadt Rostock initiiert. Zugleich regten die gestandenen Kaufleute den Zusammenschluss der hiesigen Geschäftsleute nach alter hanseatischer Tradition an, um bürgerschaftliches Engagement und Wohltätigkeit zu pflegen. Die Geburtsstunde der Jahresköste 1994. „Schaue ich auf die vergangenen Jahrzehnte, bin ich wirklich begeistert. Die Hansestadt und auch unser Verbund haben sich hervorragend entwickelt“, betonte Schües. Heute stünde die Wirtschaft vor neuen Herausforderungen und brauche die gleiche Offenheit. Ein wichtiges Zukunftsfeld seien die Wasserstofftechnologien. Ausführlich stellte der Reeder seine Visionen von grünem Wasserstoff, gewonnen aus norddeutscher Windenergie, vor. Schon 1989 hatte er mit sieben Gleichgesinnten eine Wasserstoffgesellschaft in Hamburg gegründet, die heute 700 Mitglieder umfasst. Schües fährt das erste Brennstoffzellenauto von Toyota und ist überzeugt, dass dem Wasserstoffauto die Zukunft gehört, neben dem Batteriefahrzeug. „Ich hoffe auf einen Wasserstoffkanzler.“ Zugleich aber schlägt er vor, sich mit Frankreich zu verbünden, um billigen Atomstrom zu nutzen. Unter den Unternehmern stieß er auf viel Zuspruch, denn auch in der Region Rostock werden längst erste Wasserstoff-Projekte verfolgt.
Gesammelt wurde an diesem Abend für Kunst und Kultur in Rostock, den „Verlierern“ in der Corona-Pandemie. Es kamen über 57.000 Euro Spenden zusammen. 25.000 Euro wird der Kunstverein zu Rostock e.V. erhalten, der in der Galerie Amberg 13 regelmäßig Ausstellungen und Veranstaltungen organisiert und sich räumlich erweitern möchte. Weitere 15.000 Euro spendet die Kaufmannschaft für den Bau des Neptunbrunnens in Warnemünde, der im nächsten Jahr fertiggestellt werden soll.
Die Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock e.V. hat sich als wohltätiger Verein, der seit seiner Neugründung 1994 über 900.000 Euro für soziale und kulturelle Zwecke sammelte, fest in der Bürgergesellschaft etabliert. Infos: www.jahreskoeste.de