Öllermann Volker Redersborg: Hauptspende von 45.000 Euro geht an Petrikirche als Rostocker Wahrzeichen und Friedenssymbol
Rostock. Über 80 Jahre nach der Zerstörung der Rostocker Petrikirche im Zweiten Weltkrieg werde diese endlich wieder Glocken im Turm erklingen lassen können, sagte Volker Redersborg als Öllermann der Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock e.V. gestern (18.10.24) beim Festmahl der Kaufleute im Hotel Radisson in Rostock. Die Finanzierung sei gesichert, in Kürze werde mit den Arbeiten begonnen. Darüber habe er sich zuvor bei Pastor Dr. Reinhard Scholl in der Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde informiert.
Schon einmal, im Jahr 1994, haben Rostocker mit großem bürgerschaftlichem Engagement dazu beigetragen, den zerstörten Kirchturm wieder herzustellen. Jetzt tragen Rostocker Unternehmer dazu bei, mit ihrer größten Einzelspende von 45.000 Euro die Kirche wieder zu vervollständigen, die mit 117 Metern die höchste in der Hanse- und Universitätsstadt ist. „Sankt Petri ist Seezeichen, Landmarke und Friedenssymbol“, betonte Volker Redersborg und sei gerade in diesen Zeiten auch Hoffnungsträger.
„Wir lebten lange in einer Welt von Selbstverständlichkeiten: Unternehmen entwickeln sich erfolgreich, gewählt werden demokratische Parteien und in Europa gibt es keinen Krieg. Wir wissen, dass dies alles nicht mehr so ist“, sagte Redersborg, Öllermann und Geschäftsführer der Laeisz-Reederei. Er forderte bei der Charity-Gala dazu auf, trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für das Wahrzeichen der Stadt großzügig zu spenden. Das Ergebnis des Abends, die Spendensumme von 79.315,77 Euro, überraschte selbst die Teilnehmer und wurde mit großem Beifall quittiert.
DHIK-Hauptgeschäftsführer: Wer weniger wird, muss schneller werden
Festredner Dr. Martin Wansleben, seit 2001 Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), skizzierte kritisch die wirtschaftliche Situation in Deutschland und forderte angesichts von Überalterung und Rohstoffarmut: „Wer weniger wird, muss schneller werden.“ Mehr Technologieentwicklungen, mehr Wertschöpfung vorantreiben. Er beobachte, dass asiatische Länder wie Indien ihre Infrastrukturen mit Flughäfen und Schnellbahnstrecken in kürzester Zeit ausbauen und dass in Deutschland bei ausufernder Bürokratie über Technologien seit Jahrzehnten „nur viel geredet“ wird. „Die Elite der Welt zieht es nicht an hiesige Universitäten.“ Dr. Wansleben sprach von der Neigung, „mit erhobenem Zeigefinger“ die Welt verbessern zu wollen. Stattdessen stoße man viele vor den Kopf. Das neue „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ der EU führe dazu, dass arme Länder, in denen sogar Kinder gezwungen sind, mit zum Lebensunterhalt beitragen zu müssen, mit Deutschland und der EU keine Verträge mehr eingehen können. Diese würden dann mit China und Russland gemacht.
Dr. Martin Wansleben forderte dazu auf, endlich „die Ärmel hochzukrempeln, offensiv und kreativ und nicht nur gehorsam zu sein.“
Lautertrunk, Gelagespruch und Rededuelle
Wie in jedem Jahr wurde auch im 30. Jubiläumsjahr der Neugründung der Kaufmannschaft zu Rostock e.V. zu Beginn des Festmahls der Lautertrunk gereicht, gab es auf Platt den Gelagespruch des Öllermanns und zwischen den einzelnen Gängen mit Ochsenschwanzsuppe, Schweinerippenbraten und Rostocker Beerengrütze viel Geistreiches zur Unterhaltung. Die Rede zur wirtschaftlichen Situation in Rostock stand diesmal Frank Meißler als ersten Schenken zu. Er bemängelte vor allem die Verkehrssituation in der Innenstadt und die „Ächtung von Autofahrern“. Eine Belebung der Innenstadt, des Einzelhandels und der Gastronomie sei mit Fußgängern und Radfahrern allein nicht möglich, dazu brauche es das Umland, erklärte der erfahrene Handelsexperte. Zudem sei es notwendig, dass in der Innenstadt niemand Angst haben müsse, belästigt zu werden. Meißler forderte mehr Wohnungen für Familien und ein visionäres Konzept für Rostock ein. Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger erwiderte sachlich, aber bestimmt. Mit dem Bedienen von „Triggerpunkten“ sei niemanden geholfen. Es komme darauf an, weniger zu zweifeln und gemeinsam anzupacken. Immerhin würden 30 Millionen Euro in den Straßenbau investiert, alles Geld, das bei hiesigen Unternehmen bliebe und Autofahrern diene. Natürlich würde sie sich auch mehr sehenswerte Erfolge für Rostock wünschen, dass sich mehr Kräne drehen. Die Gesellschaft sehne sich nach guten Nachrichten. International erhalte sie beispielsweise große Anerkennung für den Theaterneubau. Sie persönlich gehe mit Optimismus voran, sie sei seit 626 Tagen im Amt und werde diese Zahl in Euro auf den Spendenzettel schreiben, damit noch viele Projekte der Jahresköste umgesetzt werden können.
Drei Gründer der Kaufmannschaft im 30. Jubiläumsjahr dabei
Unter den Gästen der gestrigen Gala waren auch drei Kaufleute, die im Mai 1994 den Verein mitgründeten: Axel Erdmann, Rolf Paarmann und Nikolaus W. Schües. Alles ehrbare Kaufleute, die über Jahrzehnte zur wirtschaftlichen Entwicklung der Hansestadt mit großer Tatkraft beigetragen haben und die die Jahresköste für wohltätige Zwecke ins Leben riefen. Ihnen galt ein besonderes Dankeschön. Ebenfalls gedankt wurde dem bekannten Mediziner und Ehrenmitglied der Köste Prof. Ingo Richter, der in diesen Tagen 88 Jahre alt wurde, und inzwischen „sein 26. Jahresköstebuch“ herausbrachte, mit Geschichten rund um den Verein und die Rostocker Unternehmerfamilien. Insgesamt wurden seit 1994 rund 1,2 Millionen Euro an Spenden durch die Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock e.V. gesammelt.
Glockenturm der Petrikirche. Hier sollen bald drei Glocken wieder erklingen.